azogires

Wenn man im Künstlerstädtchen Paleochora die Urlauber fragt, ob sie Azogires kennen, dann gibt es nur zwei mögliche Antworten:

 

Nein, das habe ich noch nie gehört.

oder

Ja natürlich! Lucky ist ein ganz lustiger Geselle und überhaupt, die Landschaft und der Wasserfall. Ein richtiges Paradies.

So, oder so ähnlich antworten alle Menschen die Azogires schon besucht haben. Denn wenn man einmal in dem kleinen Ort gewesen ist, lässt er einen nur selten wieder los. Und Lucky? Bei dem ist es genauso.

Eigentlich heißt der freundliche junge Mann Eftihis und ist, wie jeder hier, das gesamte Jahr mit seinen Olivenbäumen, Schafen und Ziegen und im Sommer mit allerlei Gästen in seiner Taverne und seiner Pension, sehr gut ausgelastet. Und trotzdem, oder gerade deswegen, ist es nahezu unmöglich ihn zu treffen, ohne dass er einem ein Lächeln schenkt. Und auch das ist mit Sicherheit Arbeit.

Doch was ihn für uns so besonders macht, ist seine Fähigkeit Magie zu versprühen. Das macht aus ihm und seinem Dorf ein perfektes Paar. Denn in Azogires gab es seit jeher viele magische und mystische Geschichten und Lucky weiß sie zu erzählen.

Genau aus diesem Grund bekommt Azogires auch das Prädikat: Man muss es erlebt haben, es ist unmöglich es zu beschreiben.

Was ich euch aber erzählen kann ist, dass es einen ganz wunderbaren Pfad nach Azogires gibt, der mit jedem Schritt dem er sich dem kleinen Örtchen nähert, ein bisschen mehr Zauber versprüht. Und nun soll es auch losgehen.

Nach Azogires, dem Ort voller Mystik und Magie.

Es gibt zwei mögliche Startpunkte, die uns über abwechslungsreiche Landschaften zu dem kleinen Örtchen führen. Von Paleochora aus starten wir auf den Spuren des E4, in Richtung Anidri Strand und biegen von dort, linkerhand in die Schlucht nach Anidri. Der Eingang der Schlucht ist beschildert und nicht nur für das aufmerksame Abenteurerauge zu sehen.

Der Weg durch die Schlucht führt durch ein trockenes und sehr gut markiertes Flussbett, über Steine und kleine Felsen, zwischen denen sich zu Beginn der ein oder andere Oleander blicken lässt und mit zunehmendem Anstieg die Steineichen, Platanen, Oliven- und Obstbäume die Landschaft dekorieren. Durch den starken Regen in diesem Winter, ist das Flussbett auch jetzt noch mit einem kleinen Wasserlauf versehen, was die Wanderung für mich umso eindrucksvoller macht.

Es gibt nach ungefähr einem drittel der Strecke Schlucht aufwärts einen Felsen, den man kletternd überwinden muss. Eine dafür vorgesehene Strickleiter macht es dem Zweibeiner leicht, die Hürde zu überwinden. Wer mit Vierbeinern wandern geht, hat entweder das Glück, dass sie ein wenig Bergziegenblut in den Adern haben, oder die Kraft sie zu tragen. Wakan gehört zu Typ Bergziege und ist natürlich längst auf dem Felsen angekommen, als ich meinen Fuß auf die erste Stufe der Seiltreppe setze. Ich glaube sowieso nicht mehr daran das wir die Krone der Schöpfung sind, also ist das völlig in Ordnung.

Der Aufstieg ins Dorf Anidri ist wie im Flug geschafft. Man geht ca. 300 unbemerkte Höhenmeter bis zum Ort. Am Ausgang der Schlucht hält man sich rechts, um das Dorf zu erreichen.

Wer jetzt die richtige Zeit erwischt, kann im örtlichen Cafenio Sto Scolio einen Zwischenstopp machen.

Ich spreche meine Empfehlung aus. Bisher war ich immer überzeugt vom Gesamtpaket, zu dem für mich auch die Bedienung und die Atmosphäre gehört.

Wer direkt weitergehen möchte, lässt das Cafenio zu seiner rechten hinter sich und folgt der Straße bis zur nächsten Kreuzung, an der man links abbiegt. Und nun geht es noch ein Stück bergauf, bis der magische Streckenabschnitt beginnt. Mit Erreichen des vorerst letzten Wegweisers, auf dem Azogires zu lesen ist, fühle ich mich jedes Mal wie Alice im Wunderland. Ich bin gespannt, wie es euch gehen wird.

Azogires

Der Pfad führt vorbei an einem Garten, umsäumt von verschiedensten Bäumen und Sträuchern bis hin zum ersten Tor, hinter dem sich ein guter Platz für eine Pause zeigt. Ein letztes Mal vorm Erreichen von Azogires kann man hier den Blick aufs Meer genießen. Und weiter geht’s nach dem zweiten Tor, am Berghang entlang, durch zauberhafte Landschaften mit roter Erde, verschiedenem Gestein, zahlreicher Kräuter und wundersamer Bäume. Vorbei an einer alten Siedlung, über Felsen kletternd hinab zu einem bemoosten Wald und immer vor Augen unser Ziel: Azogires.

Azogires

Es ist immer wieder atemberaubend zu sehen, dass sich die Landschaft in so kurzen Abständen total verändern kann.

Die Wanderung vom Dorf Anidri bis nach Azogires ist ca. 5km weit und ich durchlaufe vier vollkommen unterschiedliche Landstriche. Ein Hoch auf die Natur, ist hier unumgänglich.

Und schon kommen wir der Zivilisation wieder näher. Die ersten Schilder empfangen uns um zu sagen, wie wir uns nach Azogires finden. Und das Erste was uns begegnet ist die alte Schule des Örtchens. Ein Platz zum Staunen war seinerzeit wahrscheinlich auch ein guter Platz zum Lernen. Am Vorplatz der Schule braucht es nur einen Schritt und man sieht das Meer, von Bergen umsäumt, in der Sonne glitzern. Ich könnte noch eine Ewigkeit hier sitzen, aber es wartet noch ein ganzer Ort auf mich.

Azogires

Nur unweit von der Schule entfernt findet sich das Kloster der 99 heiligen Väter. Von einer mächtigen Felswand umgeben, strahlt es wie ein Leuchtfeuer, dessen Kraft mich genauso sehr in ihren Bann zieht wie sie mich erschreckt.

Ich habe erst nach einigen Besuchen die Geschichte dieses Klosters gehört und weiß nun, warum ich diese Gegensätzlichkeit mit ihm verbinde.

Ich sitze im Klosterhof und höre den Fluss rauschen. Auch er ist dank des ‚Jahrhundertregens‘ im Winter ohrenbetäubend und bis zum Rand mit Bergwasser gefüllt. Ein Schauspiel. Und wieder etwas, das man gesehen haben muss, weil es keinen Weg gibt, es angemessen zu beschreiben.

Azogires

Der einzige der dieses Dorf angemessen beschreiben kann ist Lucky. Es ist als würde die Stimme des Ortes durch ihn lebendig werden. Er nimmt jeden, der ihm zuhört, mit auf eine Reise durch die Zeit. Zurück zum Einsiedler St. John, zu den 99 heiligen Vätern, zur Geschichte der Olivenbäume und den alten Tagen der kretischen Landwirtschaft.

Er gewährt Einblicke in die alte Zeit und den Weg von dort zur heutigen Geschäftigkeit. Und er ist niemals um einen Witz verlegen, in dem es um böse Schwiegermütter geht. Auch hier ist er der einzige, der es schafft, dass alle Schwiegermütter, die ihn kennen, mit ihm darüber lachen können.

Und so gehe ich vom Kloster den Weg zum Wasserfall am Ende des Dorfes. Ich komme heute an sehr vielen Wasserfällen vorbei, bis ich den erreiche, der im Sommer die Besucher anzieht. Denn Azogires ist einer der wenigen Orte, in denen der Fluss ganzjährig Wasser führt.

Und den Wasserreichtum kann man an der üppig grünen Natur hier sehen. Es blüht an jeder Ecke, die Bäume haben neue Triebe und es summt und brummt in jedem Busch.

Der ‚eigentliche‘ Wasserfall von Azogires wirkt heute, im Vergleich zu seinen neuen Kollegen, nicht ganz wie das Wunder, das er im Sommer ist. Aber der Weg zu ihm ist dafür an Wundern gar nicht zu übertreffen. Vielleicht kam Lucky ja aus diesem Grund zu seinem Namen. Weil er nie aufgehört hat, sich über die Wunder seines Dorfes zu freuen.

Azogires

Ich könnte jetzt noch in sein traditionelles Café gehen und einen frischgepressten Orangensaft genießen. Aber ich entscheide mich für die Gesellschaft von Bäumen, dem Fluss und seinen Wasserfällen. Und gehe nach einiger Zeit wieder nach Hause.

Es gibt Orte auf Kreta, die ich selten besuche und in die ich noch seltener Leute mitnehme. Nicht weil die Orte keinen Zauber hätten, sondern weil ihr Zauber in der Vergessenheit liegt. Niemand erinnert sich an diese Orte und wenn man sie findet, dann aus einem bestimmten Grund.

Azogires

Mit Azogires ist es genau umgekehrt. Der Ort ist dafür geschaffen Besucher aus aller Welt zu empfangen, doch seine Geschichten würden in Vergessenheit geraten, wenn es Lucky nicht gäbe.

Ich hoffe, ihr seid jetzt unsagbar neugierig und wollt unbedingt mehr über die Mythologie und Wunder von Azogires erfahren. Luckys Führung durch den Ort und die Zeit sind ein Bestandteil unserer Tagestouren. Denn wer im Südwesten von Kreta war, muss Azogires kennen;)

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Details zur Wanderung

16 km Distanz, 350 Höhenmeter, 6 Std. Laufzeit

2 Antworten

  1. jassou Laura, dein Bericht über Azogires gleicht einer Liebeserkärung. Das erste mal bin ich im Oktober 2013 für ein paar Tage in Azogires gewesen. Seit dem besuche ich immer wieder Azogires. Das letzte mal im November 2017 zur Olivenernte.

    Das kleine Dorf Azogires (15-20 Einwohner), 9km von Paleochora, ist eine schöne Idylle, abseits von jedem Trubel. Sehr grüne Umgebung und bietet sich als Basis für einige Wanderungen (Höhle der 99 heiligen Väter, Spaniakos Koules/osmanische Festung und nach Anidri) an.

    Du kannst im Alfa Hotel übernachten, oder du arbeitest 4-5 Stunden täglich (im Alfa Cafe, im Garten, Oilvenernte) und bekommst dafür die Unterkunft und das Essen umsonst.

    Im Alfa Cafe, eher ein Kafenio gibt es oft keine Bedienung und man bedient sich selbst am Kühlschrank und lässt dann das Geld liegen. Abends sitzten 1-2 Einheimische und die Gäste vom Hotel Alfa im Cafe.

    Die Zimmer sind sehr sehr einfach. Im Winter ist es kalt. Schön ist die 200 Jahre alte Gemeinschaftsküche im Hotel Alfa und es gibt einen großen Yogaraum.

    Das kleine Dorf Azogires ist eine wunderschöne Idylle……

    Ta Leme, kv

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